Montag, 25. Februar 2008

Hillary oder Barack? Wahlstimmung in Harlem (OPINIO 14. Janauar 2008)

Coeur d'Afrique für Barack,
Veronica's Hair Power für Hillary.
Meinen Studenten ist Barack nicht schwarz genug.
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Seit Monaten findet man in der amerikanischen Presse kaum Beiträge zudem was man in Europa Weltpolitik nennt. Stattdessen gibt es seitenweise Artikel zum Wahlkampf, so als ob gar nichts anderes mehr existiere.

In Harlem, wo ich lebe, sind die schwarzen Bewohner sich einig, dass sie Busch nicht mehr wollen. „ Der hat zweimal hintereinander die Wahl gestohlen,“ sagen sie. Die Einwanderer aus Jemen, Nigeria, Mali und der Elfenbeinküste sind Barack Obama Fans. Das äthiopische Restaurant, das senegalesische Stoffgeschäft und die Bäckerei Coeur d’Afrique haben alle Barack Obama Posters im Fenster. Er ist ja fast einer von ihnen wo sein Vater doch aus Kenia stammt. Veronika’s Hair Power, Fine Fair Supermarkt und viele von Frauen betriebene Geschäfte präsentieren Wahlplakate von Hillary Clinton. Bill Clinton, den viele Afroamerikaner so lieben, dass sie ihn den ersten schwarzen amerikanischen Präsidenten nennen, hat sein Büro auf der 125. Straße. Die Clintons werden in Harlem verehrt.

Die Vor- und Nachteile eines schwarzen Präsidenten werden beim Warten in der Post diskutiert. Eine Afrikanerin im farbenfrohen Kaftan und kunstvoll gewickeltem Turban lobt Barack Obama und redet eindringlich im britischem Akzent auf ihre afroamerikanischen Landsleute ein. Die sind nicht überzeugt. „A black leader? Think of Martin Luther King. Obama will be killed by the KluKlux Clan.

Barack Obama, der Sohn einer weißen Mutter und eines schwarzen Vaters, ist trotz seiner Jugend bei der Jugend nicht so beliebt. Meinen lateinamerikanischen und afroamerikanischen Studenten, die ich am City College im Schreiben unterrichte, ist er nicht schwarz genug. Auch die Schüler in der South Bronxer High School, an der mein Mann Geschichte unterrichtet, mögen ihn nicht. „He’s acting too white. Die New York Times analysierte diese Stimmung. Ein schwarzer Präsident, der nicht aktiv an der Bürgerrechtsbewegung teilgenommen hat, ist für viele Afroamerikaner undenkbar.

Ich sitze zwischen den Stühlen. Zwar bin ich seit 1980 in den USA, habe aber erst vor drei Monaten den Antrag zur amerikanischen Staatsangehörigkeit gestellt. Ausschlaggebend war dass ich an der Wahl teilnehmen will und mir erhoffe, dass meine Stimme den entscheidenden Unterschied macht. Ich bin nicht allein. Der Andrang beim US Naturalisation Office ist so groß, dass mit einer Wartezeit von 12 bis 16 Monaten zu rechnen ist. Meine Fingerabdrücke wollen sie allerdings schon nächste Woche haben. Falls ein Wunder geschieht und ich am 4. November doch wählen kann, wünsche ich mir Hillary Clinton als Präsidentin und Barack Obama als Vizepräsident.